über Sexarbeit und sexuelle Bildung
Sexuelle Bildung fördert die Sexuelle Gesundheit von Menschen. Sexarbeiter:innen spielen für viele Menschen eine bedeutende Rolle,um ihre Sexualität leben zu können. Aus diesem Grunde sollte Sexarbeit thematisiert werden. Sexuelle Bildung kann einen wichtigen Beitrag in der Entstigmatisierung von Sexarbeit leisten.
Integration von Sexarbeit in der Sexuellen Bildung ​
​Prostitution ist Inhalt des Lehrplan 21, im Fach Religion Recht Ethik. Und wird, wenn überhaupt, als Teil des Überbegriff Sexualethik (früher auch Sexualmoral) Thematisiert.
Häufig diskutierte Themen der Sexualethik sind unter anderem Sexualerziehung an sich, Masturbation, diverse Beziehungsformen, Homosexualität. Und (Zwangs)Prostitution.
Ich denke, es sollte eine strikte Trennung stattfinden: (Zwangs)Prostitution im Sinne von Zwang und Menschenhandel, muss klar getrennt werden von Selbstbestimmter Sexarbeit.
Sexarbeit gehört meiner Meinung nach in den Sexualpädagogischen Unterricht.​
Sexualpädagogik fördert die Sexuelle Gesundheit von Menschen. Sexarbeiter:innen spielen für viele Menschen eine bedeutende Rolle,um ihre Sexualität leben zu können. Aus diesem Grunde sollte Sexarbeit thematisiert werden.
Sexuelle Bildung kann einen wichtigen Beitrag in der Entstigmatisierung von Sexarbeit leisten. Zudem kann Sexuelle Bildung die Lebensquaität von Sexarbeiter*innen verbessern, durch Entstigmatisierung, durch die Vermittlung von Wissen bezüglich sexuellen Menschenrechten, durch eine positive Grundhaltung Sexarbeiter*innen gegenüber, durch eine klare Sprache. Zudem können Fakten zur Erkennung von Zwangsprostitution mit auf den Weg gegeben werden, um so die Handlungsfähigkeit von zukünftigen Kunden von Sexarbeiter*innen zu fördern!
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Auftrag von Sexualpädagog*innen​
Sexualpädagogik fördert die Sexuelle Gesundheit von Menschen. Sexarbeiter:innen spielen für viele Menschen eine bedeutende Rolle,um ihre Sexualität leben zu können. Aus diesem Grunde sollte Sexarbeit thematisiert werden.
Sexuelle Bildung kann einen wichtigen Beitrag in der Entstigmatisierung von Sexarbeit leisten.
Wir alle leben in einem System, in dem Sexarbeit legal ist und Teil unserer Gesellschaft ist.
Deshalb ist eine Auseinandersetzung mit den Themen im Rahmen der sexuellen Bildung nicht nur wünschenswert, sondern notwendig.
Angenommen wird, dass wenn das Thema Einzug in die sexuellen Bildung erhielte – den Adressat*innen sexueller Bildung Einblicke in regulierende und strukturierende Prozesse in dieses polarisierende Thema gegeben würde und sie sowohl als potenzielle Freier*innen, als Beobachter*innen, behördliche Ausführungskräfte etc., als auch als potenzielle Sexarbeitendene Handlungs-, Haltungs- und Wissenszuwachs generieren könnten, die die Stigmatisierung verringern und Befähigung zu eigenverantwortlichem Handeln vergrößern könnte.Sexualpädagog*innen können dazu beitragen, die allgemeine Öffentlichkeit rund um dasThema Sexarbeit zu informieren und aufzuklären.
Die Entstigmatisierung wird zudem unterstützt, wenn von Sexarbeit statt Prostitution gesprochen wird. Einerseits wird damit Sexarbeit von Menschenhandel und Zwangs prostitution abgegrenzt, andererseits kann so der Erwerbsaspekt der Sexarbeit betont werden. ​Dies kann besonders im Hinblick auf das Erringen von Menschen-, Arbeits- undFrauenrechten unterstützend sein.Wenn Sexarbeit als legitime Arbeit betrachtet wird, erhalten Sexarbeiterinnen den nötigen Schutz und es werden die ihnen zustehende Rechte eingeräumt. Sexarbeiterinnen, die dazu befragt wurden, pflichten dem bei und sprechen sich dafür aus, dass Sexarbeit wie andere Berufe im Dienstleistungssektor behandelt werden soll.
Das bedeutet, Sexarbeit als gesellschaftliche Realität anzuerkennen und rechtlich korrekt zu behandeln.Dass Sexarbeit nicht aus der Welt geschafft werden kann, zeigt die Geschichte in aller Deutlichkeit. Verbote schaden in erster Linie den Sexarbeiterinnen. Sie werden in den Untergrund und die Illegalität gedrängt, kriminalisiert und stigmatisiert. Gefordert wird dagegen ein gerechter, rechtlicher und zwischenmenschlicher Umgang mit einer gesellschaftlichen Realität.
Quelle:Mirjam Kläntschi, Sarah Opprecht: Stigma Sexarbeit. Über das Erleben und den Umgang der Sexarbeiterinnen mit der Stigmatisierung in der Gesellschaft
Sexualpädagogik fördert die Übernahme von Verantwortung für sich selbst und für andere. Sexuelle Bildung soll realistisch, weltoffen, konkret und praxisnah sein.
Im besten Fall fördert sie bei den Menschen ein vertieftes Verständnis für sexuelle Themen, reduziert Vorurteile und Stigmatisierungen und unterstützt einen respektvollen, toleranten und verantwortungsvollen Umgang mit Sexualität.
Hierbei wird deutlich, wie viel Positives sexuelle Bildung beitragen kann, wenn auch Sexarbeit thematisiert wird. Sie könnte sowohl für Freier als auch für Sexarbeitende entstigmatisierend wirken, was die Lebensqualität vieler massiv verbessern könnte.
Im Rahmen von sexueller Bildung im Kontext von Sexarbeit wird es in Zukunft immer wichtiger werden, sich auf kaum erforschte Themen zu konzentrieren, wie zum Beispiel den Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf unsere Sexualität und den Einfluss von Pornografie auf unsere Fantasie, sowie die Auseinandersetzung mit Sex in der Partnerschaft und Sex, den wir erleben möchten, basierend auf unserer Fantasie.
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Die Zwei Welten Theorie
Zu diesen Themen möchte ich hauptsächlich eine ansprechen, und zwar die Zwei-Welten-Theorie. Diese ist für mich besonders wichtig, da sie verdeutlicht, wie bedeutend es ist, über Sexarbeit zu sprechen:
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Die Zwei-Welten-Theorie geht davon aus, dass es in Zukunft eine immer größere Kluft geben wird zwischen dem Sex, der in einer Beziehung stattfindet, und dem Sex, den man außerhalb einer Beziehung ausleben möchte. Dies geschieht auch, weil unsere Fantasie von Bildern aus Pornos beeinflusst wird, und unsere Fantasie wiederum unsere eigene Sexualität und damit unsere Erregungsquellen beeinflusst.
Um euch die Theorie zu erklären, habe ich als Beispiel den Madonna-Hure-Komplex gewählt. Ich denke, dass der Madonna-Hure-Komplex eine Steigerung der Zwei-Welten-Theorie darstellt. Der Komplex wurde bereits von Freud beschrieben, der sagte: „Wo diese Männer lieben, können sie nicht begehren. Und wo sie begehren, können sie nicht lieben.“
Der Madonna-Hure-Komplex bezieht sich auf das Phänomen, dass Frauen oft in zwei gegensätzliche Kategorien eingeteilt werden: Madonnen, die als unschuldig, rein und tugendhaft angesehen werden, und Huren, die als sexuell verfügbar, verführerisch und unmoralisch betrachtet werden. Oft neigen die Personen, die von diesem Komplex betroffen sind, dazu, alle Frauen, außer vielleicht ihrer eigenen Mutter oder Partnerin, abzuwerten und denken, dass es in Ordnung ist, schlechter oder unanständig mit ihnen umzugehen.
Bei Männern kann das aber auch bedeuten: „Ich liebe meine Frau, sie ist die Mutter meiner Kinder, es ist mir unmöglich, meinen Penis in ihren Mund zu stecken.“
Ich erlebe es sehr oft im Alltag, dass der Grund, warum Männer zu mir kommen, genau dieser ist. Weil sie denken, dass ihr Wunsch zu „abartig“ für die eigene Partnerin ist (gefragt haben sie diese meistens nie). Es handelt sich meistens um ganz simple Wünsche, wie Oralsex oder verschiedene Sexualstellungen.
Es gibt auch Frauen, die unter dem Madonna-Hure-Komplex leiden, die haben oft Schwierigkeiten, ihre sexuelle Identität und Bedürfnisse auszudrücken, da sie Angst davor haben, als entweder „zu prüde“ oder „zu vulgär“ betrachtet zu werden.
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Darum denke ich, ist es unglaublich wichtig, den Menschen eine Sprache zu geben, um über Sexualität zu reden, damit sie ohne Scham kommunizieren können, egal ob mit der Partnerin oder mit einer Sexarbeiterin.
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Aufgrund dieser Theorie, die wie gesagt davon ausgeht, das sexuelle Praktiken, die als abwertend empfunden werden, außerhalb von Beziehungen gelebt werden, ist der Gedanke naheliegend, dass sie mit Sexarbeitenden ausgelebt werden. Darum ist es so wichtig, Sexarbeitenden in der Gesellschaft mehr Sichtbarkeit zu verleihen, damit sie so hoffentlich auf weniger Abwertung stoßen.
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Darum gehen Experten davon aus, dass sexuelle Bildung eine größere Rolle spielen sollte, vor allem in der Arbeit mit Jungen und Männern.
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Beispielweise durch Freierprojekte, durch Projekte mit Jugendlichen und Erwachsenen im Strafvollzug, durch Weiterbildungen von Mitarbeitern, die in Institutionen arbeiten, wie Jugendvollzug, Jugendhilfe und Einrichtungen der sexualpädagogischen Bildung. Durch gezielte Schulungen und Aufklärungsarbeit könnten zum Beispiel auch behördliche Mitarbeiter ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse von Sexarbeitenden entwickeln.
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Das würde bewirken, dass Vorurteile abgebaut werden und eher Maßnahmen ergriffen werden, die die Rechte von Sexarbeitenden gewährleisten. Durch sexuelle Bildung kann ein respektvollerer Umgang gefördert werden und so einen wertvollen Beitrag leisten, um Sexarbeit aus der „Schmuddelecke“ herauszuholen und zu entstigmatisieren.
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Eine zentrale Botschaft sexueller Bildung sollte auch sein, dass es keine abwertenden Sexualpraktiken gibt. Nur ein Mensch kann etwas abwerten. Wenn alle Beteiligten einverstanden sind, ist kein Wunsch abartig. Aber es muss klar auf Konsens basieren, und Konsens muss auch beim Sex mit Sexarbeitenden gegeben sein!
Sexuelle Bildung kann helfen, Menschenhandel zu bekämpfen!
In einer Freier Umfrage haben wir die Frage gestellt, ob Freiwilligkeit als wichtig empfunden wird. Das haben 95 % mit „Ja, das ist mir sehr wichtig“ beantwortet, und nur 5 % (also 4 Personen von 93) haben gesagt, das sei ihnen egal.
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Wie ist es dann möglich, dass Sexarbeit immer gleichgestellt wird mit Menschenhandel, wenn doch so viele auf Freiwilligkeit achten?
Ich habe begonnen, Freier dazu zu befragen, und was mich am meisten geschockt hat, ist, dass die meisten Männer schlichtweg nicht wissen, was sie tun könnten!
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Die Umfrage verdeutlicht die dringende Notwendigkeit, Freier besser zu informieren! Freier brauchen Methoden, um Opfer von Menschenhandel von freiwilligen Sexarbeitenden zu unterscheiden. Sie brauchen Informationen, und sie müssen zur Mitarbeit aufgefordert werden.
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Sie müssen handeln statt misshandeln!
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Da man aufgrund des Stigmas nicht weiß, wer Freier ist, sollte die gesamte Gesellschaft darüber informiert werden, sodass auch Freier erreicht werden.
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Die Gesellschaft (Freier) sollte über Menschenhandel aufgeklärt und sensibilisiert werden:
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Freiwillige Sexarbeit unterstützen und Verdachtsfälle von Zwangsprostitution melden.
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Verantwortung bewusst machen → Wo keine Nachfrage, kein Angebot!
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Wenn diese Maßnahmen nicht möglich sind oder das Opfer gar keine Hilfe möchte, dann zumindest ein wertschätzender Kunde sein. Preise respektieren, anständig sein, die Person gut behandeln.
Wir als Gesellschaft dürfen nicht einfach wegschauen. Und Verbote, das weiß man mittlerweile, verschlimmern die Situation nur.
Meiner Meinung nach müssen wir Sexarbeit in die Mitte der Gesellschaft bringen, dort, wo Kriminalität auffällt, wo Menschen Verantwortung übernehmen, um Opfern zu helfen.